Veranstaltung vom 11.01.2006

musternDas Jahr beginnt mit der obligatorischen ... (nennen wir es auf Neudeutsch mal "Checkung" - ich lese gerade "Der Dativ ist dem Genitiv sei Tod 2"...)... Checkung also... der Weblogs.
Somit verbrachten wir entsprechend viel Zeit mit Zuhören, dem Vorstellen unserer bisheriger Ergebnisse, gruppeninternen Diskussionen und ähnlichen Dingen.

Fast schon nebenbei ging es um Rhetorik - wieso fällt es einigen so schwer, nach vorne zu gehen, um beispielsweise ihr Ergebnisse zu präsentieren?
Wir alle wollen Lehrer werden! Ein Lehrer steht vor einer Klasse. VOR einer Klasse, in der - seien wir einmal realistisch - sehr, sehr viele Schüler sitzen.
Das Argument, es sei anders, vor Studenten bzw. Erwachsenen allgemein zu stehen als vor Kinder, zählt nicht. Seien wir mal ehrlich: Wo soll denn auch ein Unterschied bestehen? Im Alter? Nun gut, ja, das stimmt. Aber daraus ergeben sich im Grunde auch keine Unterschiede, denn bezüglich des Urteilvermögens ist es möglicherweise sogar schwerer, sich vor eine Schar Kinder zu stellen als vor Erwachsene - wird doch nicht ohne Grund immer gesagt, dass Kinder "gnadenlos ehrlich" sind. Unabhängig davon, wieviel Studenten von Rhetorik und Körpersprache, etc. wissen - Kinder haben dagegen noch "feinere" Antenne und merken, wenn der vor ihnen Stehende unsicher ist. Das ist nicht so schlimm, wenn es "nette Kinder sind, die dir nichts Böses wollen"...

Teilweise wurde erläutert, die Angst nach vorne zu gehen sei dadurch begründet, dass man dann gemustert würde.
Ja, stimmt.
MAN wird gemustert.
Weil MAN selber mustert.
MAN ist ja immer froh, wenn MAN selbst nicht da vorne steht, sondern sich einfach mal verstecken kann und Teil der musternden Gruppe ist.
So ist das nun einmal mit MAN.

Der dazu gehörige Kommentar "Nichts stört mich so sehr an Anderen als die eigene Fehler!" ist meiner Ansicht nach sehr wahr. Es ist auf jeden Fall auffällig, dass es oftmals "nur" Kleinigkeiten sind, die mich an anderen Menschen extrem nerven. Demzufolge müssen diese Kleinigkeiten ja eine solch herausragende Stellung und Bedeutung für mich haben, dass ich mich überhaupt dermaßen darüber ärgern kann... Und wenn etwas eine herausragende Bedeutung hat für mich, setzt das ja auch irgendwie voraus, dass ich mich relativ intensiv damit beschäftige. Das wiederum tue ich ja auch größtenteils mit Dingen, die mich selbst beschäftigen... Insofern... Ja, an dem Satz ist wohl etwas "dran"...
Dennoch: Ich glaube, es muss nicht immer etwas sein, das mich in diesem Moment an mir selbst stört. Vielleicht ist es auch etwas, das ich explizit für mich selbst ausschliesse. Etwas, das ich gar nicht mag, mir für mich niemals vorstellen könnte und mit dem ich mich deshalb so ausführlich beschäftige...

Beispiel?
Angenommen, ich rege mich ganz furchtbar darüber auf, dass eine Kommilitonin während der Vorlesung nie mitschreibt. Ich andererseits folge dem Geschehen selbstverständlich IMMER und das sowohl gedanklich als auch und primär mit dem Stift auf dem Papier...
(Ihr sehr schon, es ist ein reelles Beispiel, um das es hier geht...)
An und für sich könnte es mir ja nun egal sein, ob besagte Kommilitonin mitschreibt oder aus dem Fenster schaut - "MAN ist sich selbst ja am nähsten und was sie macht, tangiert mich ja nicht..."
Mein Problem ist es aber trotzdem, denn: Sie bittet mich nach jeder Vorlesung um meine Aufzeichnungen! Oder noch besser: Ich soll ihr das Ausformulierte Material zuschicken ( Wir leben im Zeitalter der elektronischen Post!).
Was nun? - Ich bin genervt.

Warum?
Kann man hier wirklich sagen, dass es unbewusst eine Eigenschaft an mir selbst ist, die mich stört?
Und wenn ja - welche?
Möchte ich eigentlich auch so "total - abgefahren - und - crazy - sein" und einfach mal ganz frech nicht mitschreiben...??? - Klare Antwort: Nein.

Dann aber verstehe ich oben formulierte Aussage bezüglich meiner Fehler und derer anderer nicht...

Andere Antworten auf die Frage nach dem ungeliebsten Nach - vorne - Kommen:
"Ich weiß nicht, wohin mit meinen Händen!".
Antwort von Herrn Schmid war: "Sobald Sie das Problem akzeptieren, ist es keines mehr!".
Dem stehe ich skeptisch gegenüber. Fakt ist, ja, irgendwo stimmt das ja, denn vieles (alles?)geschieht primär unbewusst im Kopf.
Dennoch: Auch wenn ich weiß, dass ich nicht weiß, wohin mit den genannten Gliedmaßen, löst das doch nicht automatisch das Problem... Einfacher wird es meiner Meinung erst dann, wenn ich wirklich einen Stift in die Hand nehme und meine Hände "beschäftige"...

Ich persönlich stehe dem Nach - vorne - Kommen im Übrigen geteilt gegenüber. Im Allgemeinen habe ich damit wenig Probleme, aber wie so oft, ist dieses bei mir auch abhängig von der Tagesform. Geht es mir schlecht und fühle ich am wohlsten, wenn ich mich verstecken kann (z.B. im Audimax irgendwo zwischen Matrikelnummer x und y) , dann gehe ich ungern nach vorne, um meine Ergebnisse vorzustellen.
Andererseits kann ich mich noch so fit und gut fühlen - bin ich auf fachlicher Ebene nicht vorbereitet, dann fällt mir die Sache auch nicht leicht...
Ein Zusammenspiel aus fachlicher und egozentrischer Sicherheit quasi...
oder wie auch immer MAN das nennen möchte...

Was ganz anderes: woher kommt das Wort "mustern"? Ich nehme teil am Mittelseminar zu Wortbildungen... man sollte sicher von "Muster" im Sinne von "Beispiel" ausgehen, oder?

Link zum Bild: http://www.koeder.de/zapf/chouchou/mode/719329.jpg
AndreasW - 17. Jan, 18:11

MAN O MAN O MAN

Ganz klar ist mir der groß gewordene MAN ja nicht.
Der Ärger mit dem Ärger und somit mit den eigenen Schwächen leuchtet mir da schon eher ein.
Hab ich mir doch lange Zeit nichts anderes von meiner XFreundin gewünscht als nicht die selben Fehler im Studium zu machen wie ich.Dem entsprechend habe ich mich über diese aufgeregt -
Aufzeichnungen zu teilen und das mit chronischen Schnarchnasen , Träumerinnen oder Faulpelzen hat doch aber einen sozialen Charakter.
MAN könnte sich sogar gut fühlen nach so einer großherzigen Tat ;)

LG
Andreas

Jule-online - 18. Jan, 14:48

Hallo Andreas,

nur kurz zur Erklärung:
MAN hat mehrere Assoziationen für mich:
1. die eindeutige Beziehung auf das männliche Geschlecht. Feministisch angehauchte Auffassung meinerseits.
2. MAN im Sinne der Verallgemeinerung. Individuell angehauchte Auffassung meinerseits.

Weitere großherzige Taten wünsche ich dir...

Gruß, Jule

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